Miami
"Miami ist nicht wie ich, und deshalb liebe ich es. Es ist schrill, extravagant und unapologetisch laut." (Pharrell Williams)
... aber vielleicht hätten wir diesen Satz als Warnung verstehen sollen.
Unsere Reise nach Miami war – um es gleich vorwegzunehmen – eine herbe Enttäuschung. Und das, obwohl wir mit viel Vorfreude und einer Portion Fernweh in die bunte Metropole im Süden Floridas aufgebrochen sind. Klar, wir hatten auch Gutes gehört: Sonne, Strand, Kubanisches Flair, Art Deco, Tropenflair… und doch: Das, was wir vor Ort vorfanden, war eine grell überzeichnete Fassade, unter der sich wenig Substanz verbarg.
Der Startpunkt unserer Entdeckungstour war Little Havanna – ein Viertel, das uns nur im Reiseführer ein wenig Hoffnung gab. Bunte Wandmalereien, Zigarrenläden, lateinamerikanische Rhythmen und der "Domino Park", in dem ältere Herren ihre Partien austrugen wie einst im echten Havanna – all das sollte charmant wirken. Aber der Zauber verflog schnell. Die Gegend wirkte insgesamt heruntergekommen, gar nicht wie beschrieben und irgendwie leblos. Es fehlte Authentizität, echtes Leben – der vielzitierte kubanische Esprit schien nur für die Kamera inszeniert. Es war für uns ein "normales" Stadtviertel.
Weiter ging es in den Business District nach Brickell, den wir mit dem kostenlosen Metromover erreichten – ein futuristisches, wenn auch etwas ruckeliges Verkehrsmittel, das immerhin für etwas Abenteuergefühl sorgte. Man kann mit ihm kostenlos viele Stationen Downtowns erreichen. Der Blick auf die gläsernen Wolkenkratzer war imposant, aber wenig einladend. Es fühlte sich eher wie eine sterile Hochglanzkulisse für Investmentbanker und Yuppies an. Kein Ort, an dem man verweilen möchte, wenn man nicht gerade in Gucci-Anzügen Business-Lunches plant. Abends, als wir da waren, wandelte sich das Business-Viertel in ein schillerndes und schickes Party-Revier. Aber nicht Malle-Stil, sondern edel und luxuriös.
Im Art Deco-Viertel dachten wir dann: Jetzt kommt das Flair, das Miami so berühmt gemacht hat! Tatsächlich hatten wir riesiges Glück, denn zufällig fand genau an diesem Tag die Pride Parade statt – bunt, laut, lebensfroh und wirklich mitreißend. Ein wahres Spektakel mit einer energiegeladenen, offenen Atmosphäre, die uns ein bisschen versöhnte. Doch sobald die Parade vorbei war, blieb uns das Viertel wieder fremd. Es wirkte gestellt, fast wie ein Themenpark mit verschiedenen Farben und überteuerten Cocktailbars und Eiskugeln (7,50 USD pro Kugel) – nett für einen kurzen Spaziergang, aber schnell erschöpft.
Miami Beach schließlich – das Sehnsuchtsziel vieler Reisender – entpuppte sich als der traurige Tiefpunkt. Überlaufen, laut, oberflächlich. Wir fühlten uns fehl am Platz zwischen Muskelposern, Botox-Gesichtern und dem unaufhörlichen Lärm der Straße. Der Sand war heiß, das Meer voll, und das Parken ein Albtraum. Naturerlebnis? Fehlanzeige. Entspannung? Nicht mal ansatzweise.
Ganz anders dagegen: Unser Stopp im Hard Rock Café in Hollywood, einem gigantischen Gebäude in Gitarrenform, das uns mit seiner Architektur und dem musikalischen Museum überraschte. Zwischen schrillen Kostümen und den Instrumenten legendärer Künstler*innen war diese Location ein kurioses Highlight à la Las Vegas-Flair. Casino, Hotel, Museum – alles unter einem Dach und erstaunlich eindrucksvoll, wenn auch ebenfalls eine schrille Kunstwelt.
Ein echtes Einkaufserlebnis erwartete uns schließlich in den Sawgrass Mills – ein Shopping-Moloch der Superlative. Riesig, voll, aber auch voller Möglichkeiten. Ob Schnäppchenjagd oder einfach nur Bummeln – dieses Zentrum war spektakulär und klar beeindruckender als die allseits gepriesene Aventura Mall, die wir bewusst ausgelassen haben.
Doch dann kam die Wende – und zwar nordwärts. In Fort Lauderdale fanden wir endlich das, was wir uns gewünscht hatten: Atemberaubende Villen an idyllischen Wasserkanälen, eine gepflegte Strandpromenade, die zum Spazieren einlud, und ein gehobenes, aber angenehmes Flair – ruhig, entspannt, ohne den Lärm und die Hektik Miamis.
Den krönenden Abschluss bildete der Hugh Taylor Birch State Park – eine Oase der Ruhe, grün, natürlich, fast schon ein kleines Paradies mitten im städtischen Treiben mit einem wunderschön gelegenen Café. Hier begegneten wir endlich der Natur, nach der wir uns so sehr gesehnt hatten. Palmen und schattige Wanderwege – und vor allem: Stille.
Die Highlights, die wir ausließen – Miami Zoo, Jungle Island, Aventura Mall – waren uns schlichtweg zu teuer oder klangen zu touristisch, um uns anzuziehen. Und rückblickend haben wir nichts verpasst.
Miami ist laut, überfüllt, teuer und für Individualreisende, Naturliebhaber und Ruhesuchende nur sehr bedingt empfehlenswert. Wer auf echten Kulturgenuss, Naturerlebnisse oder gar Outdoor-Aktivitäten hofft, wird enttäuscht. Die wenigen Glanzlichter – die Pride Parade, das Hard Rock Hotel und vor allem Fort Lauderdale – reichten nicht aus, um uns über die Tristesse des sonstigen Molochs hinwegzutrösten.
Wer in der Region unterwegs ist, sollte Miami eher meiden und lieber mehr Zeit im grüneren und charmanteren Fort Lauderdale einplanen – oder gleich weiterfahren in Floridas Naturparadiese wie die Everglades oder den Crystal River. Denn abseits des grellen Scheinwerferlichts von Miami wartet das echte Florida – authentisch, wild und wunderschön.